Der Ringturm – Wiens Wahrzeichen zwischen Geschichte, Kunst und Wetterleuchten

Ein Symbol des Wiederaufbaus

Der Ringturm am Schottenring 30 im 1. Wiener Gemeindebezirk (Innere Stadt) liegt direkt am Donaukanal und markiert den Beginn der Wiener Ringstraße. Er zählt zu den bekanntesten Wahrzeichen Wiens und steht sinnbildlich für den wirtschaftlichen und kulturellen Aufbruch Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg.

Der Bau begann am 1. Juni 1953, die feierliche Eröffnung erfolgte am 14. Juni 1955 – nur wenige Wochen nach Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrags.

Der damalige Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung, Norbert Liebermann, initiierte das Projekt einer modernen Unternehmenszentrale. Mit der Planung wurde Erich Boltenstern, einer der führenden Architekten des Wiener Wiederaufbaus, beauftragt. Boltenstern verantwortete auch den Wiederaufbau der Wiener Staatsoper und prägte damit das Stadtbild der Nachkriegszeit entscheidend.

Mit 73 Metern Höhe und 20 Stockwerken war der Ringturm das erste Bürohochhaus Wiens – ein Symbol für Modernität, Fortschritt und wirtschaftlichen Optimismus. Die Baukosten betrugen rund 73 Millionen Schilling (≈ 5,3 Mio. Euro).

Baubeginn mit Baugrube des Ringturms 1953.
Plakat der Baustelle
Gleichenfeier Ringturm Staatsopernballet
Gleichenfeier am Ringturm
Architekt Erich Boltenstern
Architekt Erich Bolternstern
Schwarz-Weiß-Aufnahme: Zwei Mädchen stehen händehaltend vor dem Ringturm
Mädchen blicken auf den neuen Ringturm.

Vom Wiederaufbau zur modernen Metropole

Nach den Zerstörungen des Krieges begann eine kleine Gruppe von Mitarbeiter:innen 1945 mit dem Wiederaufbau der Wiener Städtischen. Die provisorischen Büroräume in den Tuchlauben wurden bald zu klein – 1952 startete die Planung für den neuen Hauptsitz am Schottenring.

Zur Gleichenfeier am 19. Juli 1954 tanzte das Wiener Staatsopernballett auf dem Dach des noch unfertigen Gebäudes – ein starkes Zeichen des kulturellen Neubeginns.

Mit seiner Fertigstellung im Juni 1955 wurde der Ringturm zu einem architektonischen Wahrzeichen und Ausdruck eines souveränen, wiedererstarkten Österreichs.

Architektur und Nutzung

Der Ringturm wurde in Stahlbeton-Skelettbauweise errichtet. 1955 entschied ein öffentlicher Wettbewerb mit über 6 500 Einsendungen über den Namen „Ringturm“.

Heute beherbergt das Gebäude den Hauptsitz der Vienna Insurance Group (VIG), der Wiener Städtischen Versicherung und des Wiener Städtischen Versicherungsvereins.

Nach mehreren Generalsanierungen erhielt der Ringturm neue Eingänge, ein modernes Foyer und ein Ausstellungszentrum, in dem seit 1998 die renommierte Reihe AIRT – Architektur im Ringturm gezeigt wird. Diese Ausstellung ist öffentlich zugänglich und widmet sich der Baukultur und Architekturlandschaft in Mittel- und Osteuropa.

Ein besonderes technisches Relikt aus den 1950er-Jahren ist bis heute in Betrieb: ein funktionierender Paternosteraufzug, der bis in den 8. Stock fährt. Er ist jedoch nicht öffentlich zugänglich und wird ausschließlich von Mitarbeitenden genutzt – ein technisches Denkmal, das die Ingenieurskunst der Nachkriegszeit bewahrt.

Die Ringturmverhüllungen – Kunst im öffentlichen Raum

Seit 2006 verwandelt sich der Ringturm jeden Sommer in ein monumentales Kunstwerk.
Eine 4 000 m² große Verhüllung zeigt Werke von Künstler:innen aus jenen Ländern, in denen die Vienna Insurance Group tätig ist.

Diese Installationen zählen zu den größten Kunstaktionen im öffentlichen Raum Europas und stehen für Vielfalt, Kreativität und kulturelle Offenheit.

Aktuelle Verhüllungen:
• 2024: „Mit den besten Zutaten“ von Johanna Kandl (anlässlich des 200-jährigen Jubiläums des Wiener Städtischen Versicherungsvereins)
• 2025: „Verbindende Geschichten“ von Marcin Maciejowski – eine Hommage an Zusammenhalt und kulturellen Austausch in Europa

Ansicht des verhüllten Ringturms
Ringturmverhüllung 2025: Marcin Maciejowski - Verbindende Geschichten
Der verhüllte Ringturm im Jahr 2024 mit einem Motiv der Künstlerin Johanna Kandl
Ringturmverhüllung 2024: Johanna Kandl – Mit den besten Zutaten

Wetterleuchtturm am Ringturm

Auf dem Dach befindet sich ein rund 20 Meter hoher Wetterleuchtturm, ausgestattet mit 117 Leuchten (je 39 rote, grüne und weiße) sowie zwei Flugsicherungslichtern.

Die Anlage geht auf eine Idee von Norbert Liebermann, dem Bauherren des Ringturms, zurück (Quelle: ORF Wien). 1993 wurde der Wettermast renoviert und technisch erneuert: Die rund sechs Tonnen schwere Wetterstation wurde mit einem russischen Spezialhelikopter auf das Dach gehoben und ist seither über das Internet mit der GeoSphere Austria – früher ZAMG – auf der Hohen Warte verbunden.

Ab der Dämmerung zeigt der Ringturm die Wetter- und Temperaturtendenz für den kommenden Tag über farbige Lichtsignale an:
Grün aufsteigend bedeutet, dass das Wetter sich verbessert, grün absteigend, dass es sich verschlechtert. Rot aufsteigend zeigt eine steigende Temperatur an, rot absteigend eine sinkende. Es handelt sich um eine Sturmwarnung, wenn die Anzeige rot blinkt. Blinkt sie jedoch weiß, steht das für Schnee oder Eisglätte.

Damit ist der Ringturm nicht nur architektonisch, sondern auch meteorologisch ein Wiener Wahrzeichen – ein Zusammenspiel von Technik, Design und öffentlicher Orientierung, das seit über 30 Jahren digital mit der Wetterzentrale verbunden ist.

Erklärung der Leuchtsignale des Wetterleuchtturms am Dach des Ringturms.

Weihnachtsbeleuchtung – ein leuchtendes Wahrzeichen

Seit 2003 erstrahlt der Ringturm in der Adventszeit mit einer spektakulären Weihnachtsbeleuchtung in Form eines überdimensionalen Christbaums an der Ecke zum Schottenring.

Die Beleuchtung wurde über die Jahre schrittweise erweitert: 2003 umfasste sie zunächst rund 10 Stockwerke, 2004 12 Stockwerke und seit 2005 die heutige Größe von 19 Stockwerken. 2006 kamen seitliche Schneeflocken hinzu, 2013 folgte die komplette Umstellung auf energieeffiziente LEDs und ein neues Design.

Heute besteht die Installation aus 105 300 einzelnen LEDs, ist etwa 65 Meter hoch und 36 Meter breit. Der Stromverbrauch konnte durch die LED-Technologie von 46 kW auf nur 6 kW reduziert werden – das entspricht in etwa dem Verbrauch von 24 Computerbildschirmen pro Stunde.

Die Montage der Weihnachtsbeleuchtung erfolgt auf einer fix verankerten Verseilung der Fassade und dauert je nach Witterung rund fünf bis sieben Wochen. Ein Team von drei bis fünf geschulten Fachleuten führt die Arbeiten mit Fassadenbefahranlagen durch. Sicherheit und Witterungsbedingungen haben dabei oberste Priorität.

Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit

Der Ringturm erfüllt seit 2023 die Kriterien der EU-Taxonomiekonformität und wurde von der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) zertifiziert.
Damit zählt er zu den ersten historischen Hochhäusern Wiens, die den Anforderungen für energieeffizienten, nachhaltigen und verantwortungsvollen Gebäudebetrieb entsprechen.

Diese Zertifizierung unterstreicht die Vorreiterrolle der Vienna Insurance Group bei der Umsetzung nachhaltiger Immobilienstrategien in Österreich und CEE.

Der Ringturm heute

Der Ringturm vereint Architektur, Kunst, Technologie und Nachhaltigkeit auf einzigartige Weise. Er ist Sitz der Vienna Insurance Group, der Wiener Städtischen Versicherung und des Wiener Städtischen Versicherungsvereins – zugleich ein kulturelles Zentrum mit internationalen Ausstellungen und Kunstprojekten.

Nur das Foyer mit der Ausstellung „AIRT – Architektur im Ringturm“ ist für die Öffentlichkeit zugänglich; die Büroetagen und der historische Paternoster bleiben Mitarbeitenden vorbehalten.

Ob leuchtend im Winter, verhüllt im Sommer oder signalgebend über dem Donaukanal – der Ringturm bleibt ein ikonisches Wiener Wahrzeichen, das Vergangenheit und Zukunft verbindet.

STARTEN SIE EINEN VIRTUELLEN SPAZIERGANG DURCH DEN RINGTURM